[Leseprobe Teil 1] Elfendunkel – Jenna Liermann

© Dark Diamonds [Carlsen]

 

Ich freu mich riesig, denn ich darf euch den 1. Teil der Leseprobe vorstellen 🙂

»Dein Leben neigt sich dem Ende zu, mein alter Freund!« Er stand dem Fenster zugewandt, das Gesicht von der untergehenden Sonne erleuchtet. Die Schatten der Sorge, die seine Augen trübten, konnten jedoch nicht von dem Schauspiel am Himmel vertrieben werden. »Ich weiß.« Sein Freund Dhiren Fahana seufzte. Die alten Knochen hatten den König gebrechlich gemacht. Wie sehr wünschte er sich, Dhiren nicht an den Tod zu verlieren. Doch in den Kreislauf von Tod und Leben einzugreifen, wagte er nicht. »Dein Sohn Raenys ist nicht bereit, in deine Fußstapfen zu treten«, sagte er leise. Die ungewisse Zukunft, die vor ihm lag, bereitete ihm Sorgen. Noch vermochte er nicht zu erkennen, welchen Weg das Schicksal wählte. »Ich weiß. Er stellt alles, was wir ihn gelehrt haben, in Frage. Vielleicht wird er nie soweit sein. Er war schon immer ein Wildfang.« Trotz der hoffnungslosen Lage umspielte ein müdes Lächeln Dhirens Lippen. Raenys war immer sein größter Stolz gewesen. »Das befürchte ich auch, mein alter Freund. Ich hoffe sehr, wir irren uns beide, denn es könnte sonst den Untergang dieser Welt bedeuten.«

***

 

Ailearas Auftrag war erledigt. Sie legte sich ihre Beute – einen schwarzen Umhang aus dickem, weichem Stoff – über den Arm, ließ den Siegelring in ihren Beutel am Gürtel fallen und schob ihre Nadel zurück in die Scheide, die in ihrem aufgedrehten Haar steckte. Wenn Aileara sich erlauben würde, über ihre Tat und ihr Opfer nachzudenken, würde das schlechte Gewissen sie in die Knie zwingen. Deswegen ließ sie solche Gedankengänge nicht zu. Was nun geschah, lag nicht in ihrer Verantwortung. Ihren Beitrag hatte sie geleistet. Für gewöhnlich bevorzugte sie Abgänge durch offene Fenster oder das unterirdische Tunnelsystem der Stadt. Ungesehen hinein und hinaus. Doch die jubelnde Menschenmasse auf den Straßen machte ein schnelles, unbemerktes Verschwinden durch Fenster und über Dächer unmöglich. Das Gasthaus besaß auch keinen Zugang zu den Tunneln. Sie musste sich also unter die Menschen mischen. In ihrer dunklen schäbigen Montur würde sie in der Menge der prächtig und farbenfroh gekleideten Stadtbewohner nur auffallen. Sie verließ das Zimmer.

 

 

Die schwarze Rabenfeder, die sie an jedem Tatort hinterließ, schwebte langsam zu Boden. Zurück in dem Raum, den sie in Vorbereitung des Auftrags Tage zuvor im Gasthaus angemietet hatte, legte sie den Mantel auf das Bett, bevor sie sich der engen Hosen, ihrer Waffenholster und dem dunklen Hemd entledigte. Sie kleidete sich stattdessen in einen tiefroten leicht ausgestellten Rock, eine weiße Bluse und ein schwarzes Unterbrustkorsett. Kleine Häkchen an der Vorderseite ermöglichte es ihr, das Korsett ohne fremde Hilfe anzulegen, und durch biegsame Stangen war es längst nicht mehr so unbequem wie seine Vorgängermodelle. Anschließend zog sie ihre Haarnadel-Klinge aus ihrem schwarzen Haar, das sich daraufhin fließend über ihren Rücken ergoss. Die Nadel wanderte in ihren Stiefel. Das lederne Holster schnallte sie sich wieder um den Oberschenkel und schob ihre Dolche in die daran befestigten Scheiden. Unter dem Rock fielen die Waffen glücklicherweise nicht auf. Unbewaffnet war sie nie. Auch ihr Zeitmesser am linken Handgelenk war mehr als hübscher Schmuck und diente ihr im Notfall als Waffe. Einige der Zahnräder waren herausnehmbar und schärfer, als sie auf den ersten Blick erschienen. Aileara verstand sich darauf, die kleinen Geschosse mit tödlicher Präzision zu werfen. Ein Blick auf den Zeitmesser drängte sie zum Aufbruch.

 

Vielen Dank an Jenna Liermann & Dark Diamonds für die Bereitstellung der Leseprobe.

Ihr möchtet noch mehr über Elfendunkel erfahren? Dann schaut mal bei Sarah von Trimagie vorbei, dort erhaltet ihr ebenfalls ein Lesehäppchen 🙂

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